Das Konzentrationslager Bisingen wurde im August 1944 als eines von sieben Lagern des Unternehmens „Wüste“ errichtet. Zu diesem Zeitpunkt waren die Alliierten bereits in der Normandie gelandet und hatte Claus Schenk Graf von Stauffenberg erfolglos versucht, Hitler mit einem Attentat zu beseitigen. In dieser allerletzten Kriegsphase, vom August 1944 bis Mai 1945, sollten noch einmal eben so viele Menschen ums Leben kommen wie in den Jahren seit September 1939. Das ist der historische Kontext, in dem das KZ Bisingen, ein Außenlager des KZ Natzweiler im Elsass, zu betrachten ist.
Nach der deutschen Niederlage bei Stalingrad 1943 und mit den verstärkten Luftangriffen der Alliierten seit Anfang 1944 verlor das Reich den Zugang zu den rumänischen Ölfeldern und die eigenen Hydrierwerke in Ostdeutschlandgeriten unter massiven Beschuss. Da die Wehrmacht jedoch dringend Treibstoff benötigte, wurde von höchster Reichsebene der Abbau von Posidonienschiefer am Rand der Schwäbischen Alb angeordnet. Trotz früherer unbefriedigender Versuche zur Ölgewinnung aus Schiefer beschloss das Rüstungsministerium unter Albert Speer im Juli 1944, zehn Ölschieferwerke mit sieben Konzentrationslagern entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil zu errichten: in Bisingen, Dautmergen, Dormettingen, Erzingen, Frommern, Schömberg und Schörzingen. An dem groß angelegten Projekt mit dem Decknamen Unternehmen „Wüste" waren unterschiedliche miteinander konkurrierende Organisationen, Ministerien, Forschungsinstitute und Firmen beteiligt. Die Arbeitskräfte wurden von der SS gestellt: KZ-Häftlinge, für die pro Tag jeweils zwischen vier und sechs Reichsmark abgerechnet wurde. Insgesamt mussten in den sieben „Wüste“-Lagern mehr als 11.000 Männer aus allen Ländern des besetzten Europa Zwangsarbeit leisten.
Die Erwartungen des NS-Regimes erfüllten sich nicht. Nur in vier von zehn Ölschieferwerken konnte bis Kriegsende die Produktion anlaufen, produziert wurde nur wenig und minderwertiger Treibstoff. Das sinnlose Projekt kostete in kurzer Zeit über 3480 Menschenleben. Diese Zahl wurde ermittelt, als nach Kriegsende die Massengräber exhumiert und die Leichen auf die drei KZ-Friedhöfe Bisingen, Schömberg und Schörzingen umgebettet wurden. Die tatsächliche Opferzahl liegt jedoch deutlich höher. Die ersten Toten der Lager ließ die SS noch in Krematorien verbrennen; kranke und schwache Häftlinge wurden in sogenannte Krankenlager, zum Beispiel nach Vaihingen/Enz, transportiert und dort dem sicheren Tod überantwortet. Mit der Auflösung der Lager im April 1945 wurden die Häftlinge nach Dachau deportiert oder auf „Todesmärsche“ geschickt, wo noch einmal ein großer Teil der Männer vor Erschöpfung starb oder von der SS erschossen wurde.